Krankenstände halbieren


Viele Krankmeldungen: oft ist das Betriebsklima schuld

Wenn die Zahl der Krankmeldungen in einem Unternehmen ansteigt, kann das auch am schlechten Führungsstil liegen. Viele große Firmen und Einrichtungen setzen deshalb auf Vorgesetztenschulung statt auf Machtdemonstration, wie eine Umfrage der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung (HAZ) unter einigen willkürlich ausgewählten hannoverschen Großbetrieben und Behörden zeigt.

Die Firma Siemens ist ein Beispiel dafür. In einer Abteilung, in der die Quote der Fehlzeiten überdurchschnittlich angestiegen war, habe man die Abteilungsleitung "durch eine Institution darüber aufklären lassen", dass das auch an schlechtem Klima oder Unzufriedenheit liegen könne, sagt Personalfachberater Karl Hausmann. "Und es hat Erfolg gehabt." Für die 3800 Mitarbeiter hat das Unternehmen eine Sozialberaterin angestellt, die sich um Probleme kümmert.

Insgesamt liege der Krankenstand in der Niederlassung Hannover aber unter dem Durchschnitt des Gesamtkonzerns von rund drei Prozent. Ein großer Teil davon seien kurzzeitige Krankmeldungen, Montag und Freitag oft inbegriffen. Das scheint auch bei Behörden nicht anders zu sein. Im Sozialministerium hätten im vergangenen Jahr rund die Hälfte der 310 Beschäftigten ein bis fünf Tage gefehlt, berichtet der stellvertretende Personalreferent Manfred Roloff. Rund 15 Prozent seien überhaupt nicht krank gewesen.

Dass Krankmeldungen oft innerbetriebliche Ursachen haben, hat bereits eine Untersuchung von Arbeitswissenschaftlern 1994 an der MHH gezeigt. Dort hatte es eine hohe Zahl von Krankmeldungen im Bereich Krankentransport, Küche und Wäscherei gegeben. Ergebnis der Studie: Nicht nur die schwere körperliche Arbeit war Schuld, auch das Führungsverhalten. Das Thema Führung bekomme auch in der Fortbildung zunehmend Gewicht, sagt MHH-Verwaltungsleiter Günther Henkenberens. "Der Mitarbeiter muss das Gefühl haben, dass er gebraucht und geschätzt wird."

Die Zahl der Krankmeldungen sei aber auch konjunkturabhängig, sagt Uwe Melching, Personalleiter für die gewerblichen Mitarbeiter beim Bremsenhersteller Wabco. "Wenn die Arbeitsplätze nicht mehr so sicher sind, melden sich die Beschäftigten seltener krank, als in guten Zeiten." Viele hätten Angst, ihren Arbeitsplatz zu verlieren, wenn sie häufig fehlten. Das Unternehmen mit knapp 1000 Mitarbeitern hat einen Krankenstand von 4,6 Prozent. Im vergangenen Jahr waren es noch 5,5 Prozent.
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