Das System Opel

Persönliche Gespräche und Kürzung des Weihnachtsgelds

Nach rasanten Umsatzzuwächsen sank 1993/94 der Umsatz der Autoschmiede drastisch. Gleichzeitig stieg die Fehlzeitenquote auf Werte zwischen 8 und 10 Prozent. Belastungen für Opel: weit über 200 Millionen Mark pro Jahr.

Daraufhin installierte die Geschäftsleitung Anfang 1995 den Anwesenheits-Verbesserungsprozeß (AVP) im Rahmen einer großangelegten Initiative zur Standortsicherung. Zielvorgabe: Senkung des Krankenstands 1995 auf unter 6,5 Prozent, 1996 auf unter 6 Prozent. Beim Scheitern des AVP droht den Mitarbeitern eine Kürzung des Weihnachtsgelds bis zu 20 Prozent. Außerhalb der Statistik bleiben Mitarbeiter, die innerhalb von neun Monaten nur einen Tag fehlten, einen Unfall erlitten oder schwer erkrankten.

So ging das Unternehmen vor:
  • Sorgfältige Bestandsaufnahme in allen Werksbereichen. In welchen Abteilungen liegt die Krankheitsquote besonders hoch, wo besonders niedrig? Zusätzlich stellte die Betriebskrankenkasse einen anonymen Gesundheitsbericht zusammen, um die häufigsten Krankheitsgründe zu erfassen

  • Einführung von vierstufigen Rückkehrgesprächen zwischen Meister und Mitarbeiter.

    1. Stufe: Bei einmaligem Fehlen von mehr als einem Tag innerhalb von neun Monaten. Der Meister informiert den Kollegen über die Ereignisse während seiner Abwesenheit. Außerdem geht es darum, zu erfahren, ob sich sein Fehlen vielleicht auf Probleme am Arbeitsplatz begründet.

    2. Stufe: Nach zweiter Abwesenheit innerhalb von neun Monaten Vertiefung der Themen von Stufe 1. Zusätzliche Fragen wie "Was halten deine Kollegen von deinem Fehlen?".

    3. Stufe: Nach dritter Krankheitspause in neun Monaten. Gesprächsthemen sind immer noch dieselben wie in Stufe 2. Der Ton ist jedoch schärfer. Außerdem wird der Betroffene zum Beispiel auf gefordert, Maßnahmen für die Senkung seiner Fehlzeiten vorzuschlagen.

    4. Stufe: Nach viertem Ausfall in neun Monaten. Das Gespräch führt jetzt die Personalabteilung. Betriebsrat und Vorgesetzter nehmen teil. Möglich sind zum Beispiel die Aufforderung, in Kur zu gehen, in Zukunft Schlendrian zu unterlassen, Androhung einer Abmahnung oder sogar einer fehlzeitenbedingten Kündigung.

  • Intensive Schulung der Vorgesetzten in Gesprächstechnik.

  • Strenge Kontrolle der Meister durch das Management, ob die vorgeschriebenen Gespräche tatsächlich geführt werden.

  • Sieht ein Mitarbeiter den Grund seiner Krankheit in bestimmten Umständen seines Arbeitsumfelds, zum Beispiel Zugluft, soll er allein oder gemeinsam mit seinem Meister einen Problemkommunikationsbericht ausfüllen. Der Vorgesetzte ist dann verpflichtet, innerhalb von vier Wochen dieser Klage nachzugehen und für die Behebung der Mängel zu sorgen.
Bereits nach sechs Monaten Anwesenheits-Verbesserungsprozeß fiel die Fehlzeitenquote bei Opel auf 5,3 Prozent. Ersparnis im Jahr: rund 100 Millionen Mark.
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